D&O-Versicherung
D&O-Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung, auch Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung) ist eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, die ein Unternehmen für seine Organe und leitenden Angestellten abschließt. Es handelt sich dabei um eine Versicherung zugunsten Dritter, die der Art nach zu den Berufshaftpflichtversicherungen gezählt wird.
Die D&O-Versicherung bietet jedoch nur Schutz für die Organe und Manager des Unternehmens, nicht aber für das Unternehmen selbst, welches eine D&O-Versicherung für Ihre Organe und Manager abschließt.
Umfang
Vom Versicherungsschutz erfasst sind in der Regel alle Organe (Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Beirat u. ä.) und leitenden Angestellten (Prokuristen u. ä.) einer Gesellschaft, die die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (Definition nach den einschlägigen Vorschriften des GmbH-Gesetzes bzw. des Aktiengesetzes, eine genauere Auslegung ist regelmäßig nur im Einzelfall möglich) zu erfüllen haben. Deckung besteht bei Sorgfaltspflichtverletzungen ohne Vorsatz bzw. wissentlicher Pflichtverletzung im Innen- oder Außenverhältnis. Ersetzt werden normalerweise alle Vermögensschäden, die während der Versicherungsperiode verursacht wurden und bei denen die Anspruchserhebung noch innerhalb der Versicherungslaufzeit erfolgt. (“claims made-Prinzip”). Daneben werden in der Regel auch schon vorher verursachte Vermögensschäden in den Versicherungsschutz integriert (“Rückwärtsdeckung”), soweit die Erhebung des Anspruchs nach Vertragsbeginn erfolgt und die Pflichtverletzung den versicherten Personen und dem Versicherungsnehmer (in der Regel die Gesellschaft) bis zum Abschluss des Vertrages nicht bekannt war oder hätte bekannt sein können/müssen. Spiegelbildlich finden sich in vielen D&O-Verträgen sogenannte Nachmeldefristen. Danach sind auch solche Schadensersatzansprüche vom Versicherungsschutz umfasst, die innerhalb eines begrenzten Zeitraums (in der Regel sechs Monate bis drei Jahre) nach Vertragsbeendigung geltend gemacht werden und bei denen der zugrundeliegende Pflichtverstoß auf den Zeitraum vor Vertragsbeendigung datiert. Bei Wechsel des Versicherers endet die Nachmeldefrist des Vorvertrages in der Regel mit Beginn des neuen D&O-Versicherungsvertrages
Betroffener Personenkreis
Das Thema Managerhaftung und Versicherungsschutz hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Nahezu täglich berichten die Medien von neuen Fällen, in denen Unternehmensleiter haftbar gemacht werden. Fehlentscheidungen haben nicht selten fatale Folgen für das betroffene Unternehmen. Schadenersatzforderungen übersteigen das Privatvermögen des Handelnden meist um ein Vielfaches.
Im Kreuzfeuer der Kritik stehen die Organe von Unternehmen und Institutionen, welche täglich weit reichende Entscheidungen treffen müssen:
GmbH, gGmbH: | Geschäftsführer, Aufsichtsrat/Beirat |
GmbH & Co.KG: | Geschäftsführer der Komplementärin |
Aktiengesellschaft: | Vorstand, Aufsichtsrat |
Genossenschaft: | Vorstand, Aufsichtsrat |
OHG, KG, GbR: | Geschäftsführer, Aufsichtsgremien |
Haftungssituation
Mit dem weiten Pflichtenkreis korrespondieren die möglichen Schadenursachen.
Innenhaftung:
Mit Innenhaftung wird ganz allgemein die Haftung des Managers seinem eigenen Unternehmen gegenüber beschrieben.
Beispiel: Das Unternehmen, vertreten durch den Aufsichtsrat, nimmt den Vorstand wegen angeblichen Missmanagements auf Schadenersatz in Anspruch.
Außenhaftung:
Sie beschreibt das Haftungsverhältnis von Organmitgliedern gegenüber Dritten, also z.B. Lieferanten, Kunden, Finanzbehörden, Sozialversicherungsträgern oder sonstigen Dritten.
Beispiel: Der Geschäftsführer wird von einem Lieferanten direkt in Anspruch genommen, weil die durch sein Verschulden zahlungsunfähige Firma, die Rechnungen nicht zahlen kann.
Schaden
Als Schaden in Betracht kommt jede Beeinträchtigung des Vermögens (auch unbeabsichtigt).
Haftungsmaßstab
Bei Kapitalgesellschaften gilt ein besonders strenger Haftungsmaßstab. Deren Organe haften dem Unternehmen gegenüber für die “Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters” (§ 43 GmbHG, § 93 AktG, § 34 GenG).
Dies bedeutet:
- Unkenntnis/individuelle Fähigkeiten sind unerheblich
- Haftung bereits mit Aufnahme des Amtes
- Haftung in unbegrenzter Höhe
- Haftung mit dem gesamten Privatvermögen
- Höhe der Kapitaleinlage (GmbH!) völlig unerheblich
Haftungsumfang
Grundsatz: “Gesamtschuldnerische Haftung”
Konsequenzen hieraus:
- Prinzip der “Gesamtverantwortung” (“alle für einen”)
- Ressortverantwortlichkeiten irrelevant
- Aufsichtsgremium oft mit betroffen (Kontrollversagen)
- Wahlrecht des Geschädigten betreffend Schuldner
Überdies gilt bei Kapitalgesellschaften eine Umkehr der Beweislast; d.h. der in Anspruch genommene Manager muss darlegen und beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.
Grenzen der D&O-Versicherung
- Die D&O-Versicherung ist eine typische Haftpflichtversicherung – nicht aber eine Kaskoversicherung. Dies bedeutet, dass der versicherten Person, also dem Organ, ein schuldhaftes pflichtwidriges Fehlverhalten nachgewiesen werden muss, das zu einem Vermögensnachteil auf Seiten der Versicherungsnehmerin oder eines Dritten geführt hat. Allein die Behauptung oder Feststellung einer offenbar “falschen” oder unvorteilhaften unternehmerischen Entscheidung reicht nicht aus. Ist allerdings ein Schaden feststellbar, findet oft eine Beweislastumkehr statt, d.h. der Unternehmensleiter muss beweisen, dass seine Entscheidung trotz Schadeneintritts die richtige war (wichtiger Punkt hierbei: die Dokumentierung der Entscheidungsfindung).
- Zudem werden so genannte “Eigenschäden”, d.h. Ansprüche von Unternehmen gegen versicherte Personen, welche selbst am Unternehmen beteiligt sind, nur begrenzt ersetzt, sofern nicht lediglich eine geringfügige Beteiligung besteht (Grenze hier: 15-25 % je nach Versicherer.
- Die Interessenlage aller Beteiligten ist im Schadenfall äußerst komplex und führt oft dazu, dass ein Kompromiss (deal bzw. Vergleich) zwischen den Beteiligten ausgehandelt wird.
- Die Deckung kann schon nach Gesetz und Treu und Glauben nicht allumfassend sein. So tritt sie etwa bei Vorsatz nicht ein. Im Bereich der wissentlichen Pflichtverletzung sind je nach Anbieter Einschränkungen bzw. Verlust der Deckung möglich. Der so genannten Dienstleistungsausschluss, welcher dazu führt, dass Vermögensschäden, welche im Rahmen der operativen Tätigkeit der versicherten Person verursacht wurden, nicht gedeckt sind, sind in aktuellen Versicherungsbedingungen gestrichen worden. In diesem Bereich besteht eine Überschneidung mit einer eventuellen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung des Unternehmens.
- Mangelnde Kenntnisse und Eignung für ein Ressort führen zu keiner Haftungsbefreiung. Gerade im Aufsichtsrat sitzende Arbeitnehmervertreter unterliegen dieser Problematik
D&O Versicherung Schadenbeispiele
Innenansprüche* (Eigenschaden)
- Nichteinhaltung von Satzungsbestimmungen
- Mangelnde Kontrolle von Satzungsverstößen
- Kreditgewährung ohne bankübliche Sicherheiten
- Unzureichende Liquiditätskontrolle
- verspätete Beantragung von Kurzarbeitergeld
- Inanspruchnahme ungünstiger Kreditmittel
- Warenlieferungen ohne ausreichende Sicherheit
- Gewährung überhöhter Nachlässe / Provisionen
- Ungenügende Organisation von Betriebsabläufen
- Lückenhafte Arbeitsanweisungen
- Leasingvertrag über ungeeignete Maschinen
- Bürgschaft ohne Gesellschafterbeschluss
- Verkauf von Unternehmen(-steilen) unter Wert
- Beteiligungserwerb ohne vorherige Due Diligence
- Unzureichende Finanzierungsmaßnahmen
- Außerachtlassen von Fördermöglichkeiten
- Falschverwendung von Fördermitteln
- Ineffizient organisierte Produktionsabläufe
- Falsche Einschätzung des Personalbedarfs
- Einstellen ungeeigneter Mitarbeiter
- Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen
- Verstoß gegen Kapitalerhaltungspflicht
- Verfrühte Stellung des Insolvenzantrages
Außenansprüche* (Drittschaden)
- Verstoß gegen Wettbewerbs- oder Markenrechte
- KG gegen GF der Komplementär-GmbH
- Ansprüche des Insolvenzverwalters
- Ansprüche von Neugläubigern (Insolvenzreife)
- Ansprüche von Altgläubigern (“Quotenschaden”)
- Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen
- Ansprüche des Fiskus (z.B. AN-Anteil Lohnsteuer)
- Rückforderung von Fördermitteln
- Fehler bei der Umsatzsteuervoranmeldung
- Verstöße gegen Zollbestimmungen
- Fiskus oder Spender bei Entzug der Gemeinnützigkeit (Überschreitung Nebenzweckprivileg)
*) die Schadenbeispiele gelten grundsätzlich. unabhängig von der Rechtsform. Neben Kapitalgesellschaften können diese, bis auf einige wenige Ausnahmen, auch bei Personengesellschaften herangezogen werden.